Das war ein deutlicher Schuss vor den amerikanischen Bug

Innenpolitisch sind die USA in diesem Jahr auf die Präsidentenwahl im November ausgerichtet. Der Wahlkampf nimmt immer mehr Fahrt auf, doch das Thema Schulden sucht man dort vergebens. Es scheint so, als hätten sich sowohl die Republikaner wie auch die Demokraten dieses lästigen Themas endgültig entledigt.

Das klingt, gerade wenn man Politiker ist, im ersten Moment durchaus als angenehm, könnte sich aber könnte sich bei genauerem Hinsehen allerdings schnell als eine Fehlannahme erweisen und zwar dann, wenn die Schuldenrechnung ohne den Wirt, also in diesem Fall ohne den Bondmarkt und die ausländischen Kreditgeber gemacht wird.

Gefährlich könnte es nicht nur für die USA, sondern für alle hoch verschulden Länder werden, wenn der Anleihenmarkt kalte Füße bekommt und die hohen Staatsschulden für ihn zu einem Problem werden. Wer meint, dass werde so schnell nicht passieren, sollte sich noch einmal in Erinnerung rufen, was im Herbst 2022 in London passierte.

Ein kleines Beben an den Finanzmärkten mit großer Wirkung

Damals hieß die britische Premierministerin für 49 Tage Liz Truss. Kein anderer britischer Premierminister war kürzer im Amt als sie. Gestolpert ist Liz Truss allerdings nicht über ihre politischen Gegner oder gar eine Affäre, sondern „nur“ über den Bondmarkt. Dieser reagierte höchst verschnupft, als die Premierministerin zusammen mit ihrem Finanzminister einen mit sehr heißer Nadel gestrickten Haushalt vorlegte, der auf noch mehr Schulden setzte.

In nur fünf Tagen kletterte die Rendite für die zehnjährigen britischen Gilts zwischen dem 13. und 18. Oktober um gut 35 Basispunkte. Die Investoren weigerten sich, neue Anleihen zu kaufen, sodass die Bank of England als Käufer einspringen musste, um weiteren Schaden abzuwenden. Eine Woche später war die Regierung Truss am Ende und die Premierministerin gab ihren Rücktritt bekannt.

Ihr Beispiel zeigt deutlich, über welche Macht der Bondmarkt verfügt. Senkt er den Daumen, wird es für jeden Politiker schwierig, sich im Amt zu halten. An dieser Stelle gewinnt eine im Mai in den USA durchgeführte Auktion von siebenjährigen Treasury Notes an Bedeutung. Für die US-Regierung war die Auktion ein Flopp, denn statt wie geplant die Kredite zu einem Zinssatz von 4,65% auszugeben musste die Regierung am Ende 4,637% Zins bezahlen.

Dieser Anstieg um 1,3 Basispunkte war ein deutlicher Schuss des Marktes vor den Bug. Ob er gehört werden wird, bleibt abzuwarten. Anleger sollten jedoch sorgsam darauf achten, ob der Bondmarkt auch weiterhin fähig und willig ist, die von den USA platzierten Schulden aufzunehmen. Ist diese Bereitschaft nicht mehr gegeben, könnte es für viele Beteiligte sehr schnell sehr eng werden.