Auf seinem Sterbebett riet der römische Kaiser Septimius Severus seinen Söhnen: „Bereichert die Soldaten, verachtet alle anderen.“ Der sterbende Kaiser wusste wovon er sprach, gehörte er doch zur Reihe der vielen Soldatenkaiser. Das war die Reihe jener römischen Herrscher am relativen Ende des römischen Reiches, die sich nur durch die Macht des Militärs zunächst an die Macht putschen und diese anschließend eine Zeit lang behaupten konnten.
Betrachtet man die heutige politische Lage, so stellt sich in vielen Ländern momentan der Eindruck ein, dass auch in ihnen die uralte Weisung befolgt und dem Militär ein besonders hoher Stellenwert eingeräumt wird. In den USA, die sich ihr Militär Jahr für Jahr annähernd 850 Milliarden US-Dollar kosten lassen, ist dieser Eindruck schon lange präsent. Aber auch Russland, China und die Länder der Europäischen Union folgen immer mehr der Mahnung des Septimius Severus an seine Söhne.
In den Vereinigten Staaten hatte schon Präsident Eisenhower, selbst ein renommierter General, bei seinem Ausscheiden aus dem Präsidentenamt davor gewarnt, den militärisch-industriellen Komplex nicht zu unterschätzen und ihm nicht zu viel Einfluss und Macht einzuräumen. Vergeblich, denn seit 1959 ist die Macht des militärisch-industriellen Komplexes eher gewachsen als geschrumpft. Weltweit verfügen die USA heute über 750 Militärstützpunkte außerhalb ihres eigenen Landes und immer wieder ist das Land selbst oder über Stellvertreter in militärische Konflikte verwickelt.
Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt
Der deutsche Soziologen, Franz Oppenheimer, wies in seinen Studien darauf hin, dass es grundsätzlich zwei Wege gibt, um Reichtum zu erlangen. Der erste Weg ist beschwerlich, denn er setzt Arbeit, Produktion und den wirtschaftlichen Austausch mit anderen Marktteilnehmern voraus. Der zweite Weg ist an dieser Stelle einfacher, denn er benötigt keine Produktivität und auch keine wirtschaftlichen Mittel, weil er sich die Güter und Dienstleistungen der anderen durch den Einsatz militärischer Gewalt einfach nimmt.
Am Ende des Zweiten Weltkriegs, als im Abkommen von Bretton Woods die Stellung des US-Dollars als führende Welthandels- und Weltreservewährung festgeschrieben wurde, waren die USA noch die größte Produktionshalle der Welt. In der Zwischenzeit fußt die Vormachtstellung des US-Dollars jedoch nicht mehr auf wirtschaftlicher Macht, sondern vor allem auf der militärischen Stärke der USA. Das erklärt, warum die USA in deutlich mehr militärische Konflikte und Kriege verwickelt sind als andere Länder.
Aber auch in Europa ist momentan eine Entwicklung zu beobachten, die sehr stark an die Mahnung des Septimius Severus an seine Söhne erinnert. In fast allen europäischen Ländern betonen die Politiker, wie wichtig es ist, nicht verteidigungs-, sondern kriegsbereit zu sein. Zwischen beiden Begriffen besteht ein wichtiger Unterschied und die von der Politik gewählte Sprache ist an dieser Stelle äußerst aufschlussreich. Leicht stellt sich so der Eindruck ein, als sei ein allgemeiner großer Krieg die politisch „Lösung“ für das Finanz- und Schuldenproblem der Welt.
Nun, wenn dem so ist und wenn man wirklich keine anderen Mittel mehr zur Hand hat oder zur Hand haben glaubt, dann muss das zu lösende Problem ein gewaltiges sein.