Blaue Augen – braune Augen: Ein Experiment mit erschreckenden Folgen

Im Laufe der Kulturgeschichte der Menschheit haben Gesellschaften immer wieder Schichtsysteme entwickelt, die zwischen verschiedenen Gruppen mit höchst unterschiedlichem Zugang zu Wohlstand, Macht und Prestige unterschieden. Soziale Spaltungen sind deshalb seit Jahrtausenden tief in den menschlichen Gesellschaften verankert.

Dieses Muster findet sich in verschiedenen Gesellschaftsstrukturen. Wir erkennen es in alten Tyranneien aber auch in modernen Demokratien. Die Herrscher, ob Monarchen, Aristokraten oder gewählte Amtsträger, entwickeln häufig Mechanismen, um ihren Untertanen Reichtum und Macht zu entziehen, wobei sie ihre Handlungen oft als notwendig für das Gemeinwohl tarnen.

Welche Auswirkungen diese Schichtungen haben zeigte ein Experiment, das im Jahr 1968 von Jane Elliott durchgeführt wurde. Sie demonstrierte die Auswirkungen von sozialer Hierarchie und Privilegien, indem sie ihre Drittklässler nach der Augenfarbe in zwei Gruppen einteilte.

Wenn blaue Augen besser sind als braune oder umgekehrt

Obwohl das Auswahlkriterium blaue Augen oder braune Augen reichlich willkürlich gewählt war, wurde eine der beiden Gruppen anschließend als überlegen und die andere als überlegen bezeichnet. Am ersten Tag wurden die blauäugigen Kinder bevorzugt. Sie erhielten besondere Privilegien und wurden ermutigt, sich als besser als die braunäugige Kinder zu betrachten. Am nächsten Tag wurden die Rollen vertauscht.

Die Ergebnisse des Experiments waren verblüffend. Die jeweils bevorzugte Gruppe wurde arrogant und herrisch, während die weniger bevorzugte Gruppe sich schüchtern und unterwürfig verhielt. Auch die schulischen Leistungen wurden beeinflusst, wobei die bevorzugte Gruppe besser wurde, während die weniger bevorzugte Gruppe schlechtere Leistungen erbrachte.

Mit ihrem Experiment zeigte Jane Elliott, wie schnell willkürliche soziale Trennungen das Verhalten und die Leistung von Kindern beeinflussen können. Die Schüler nahmen voreingenommene Haltungen ein, was die Rolle von Autorität und sozialer Konditionierung bei der Wahrnehmung unterstreicht.

Ist „teile und herrsche“ wirklich die Lösung?

Die Spaltungen der modernen Gesellschaften werden mit den gleichen ebenso willkürlichen Auswahlkriterien vollzogen. Heute sind es nicht mehr blaue oder braune Augen, die die Menschen unterscheiden, sondern Impfstatus, Nationalität, geschichtliche Aktivitäten der Vorfahren und andere nicht minder „bedeutsame“ Kriterien.

Als das Experiment endete, waren die Schüler erleichtert und kamen zu dem Schluss, dass es falsch ist, andere aufgrund ihres Aussehens ungerecht zu behandeln. Jane Elliotts Experiment ist seit 1968 an Schulen und Universitäten zu einem wirkungsvollen Instrument geworden, um über soziale Ungleichheit und die Auswirkungen von Privilegien aufzuklären. Aber auch der Rest der Gesellschaft tut gut daran, sich mit diesem Experiment und seinen massiven Folgen intensiv zu beschäftigen.