Chinesische Konsumentinnen bringen Indiens Diamantenschleifer in Not

In Europa ist Antwerpen das Zentrum der Diamantenschleifer. Das weltweit größte Zentrum dieser Branche für das Schleifen und Polieren von Diamanten liegt aber in Indien. Neun von zehn Diamanten werden hier geschliffen. Aktuell ist die Stimmung innerhalb der Branche jedoch gedrückt, denn die Exporte sind rückläufig.

Ein Schlüsselmarkt für den Export von geschliffenen und polierten Diamanten ist China. Indiens Exporte in die Volksrepublik sind allerdings in den letzten Monaten aufgrund der schwächeren Konsumnachfrage im Reich der Mitte deutlich gesunken. Ein Vertreter eines der führenden Handelsverbände erklärte am Donnerstag, die Exporte würden sich mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht stabilisieren, wenn die Regierung die Branche nicht unterstützt.

„Wir haben mit einer schwachen Nachfrage zu kämpfen, insbesondere aufgrund der langsamen Erholung Chinas von Covid-19. Infolgedessen geht die Nachfrage weiter zurück“, erklärte Vipul Shah, der Vorsitzender des Gem and Jewellery Export Promotion Council (GJEPC), gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters.

Viele chinesische Konsumentinnen geben dem Gold den Vorzug

Auf China entfällt etwa ein Drittel der indischen Exporte von geschliffenen und polierten Diamanten. Der Verkauf der edlen Steine wird hauptsächlich über Hongkong abgewickelt. Belastend wirkt seit einiger Zeit der wirtschaftliche Abschwung in China. Es gibt weniger Hochzeiten und auch sonst sinkt die Nachfrage nach Diamanten.

Im Vergleich zum Vorjahr sind die indischen Exporte von geschliffenen und polierten Diamanten im zweiten Quartal 2024 um annähernd 15 Prozent gesunken. Im Wirtschaftsjahr 2023/2024, das am 31. März endete, verzeichneten Indiens Diamantenexporteure bereits im Vergleich zum Vorjahr einen Rückgang von 27,5 Prozent. Ein weiteres Motiv für den deutlichen Exportrückgang ist dabei, dass die chinesischen Konsumenten Goldschmuck inzwischen gegenüber Diamanten bevorzugen.

Handel über Sonderzonen als Ausweg?

Die Branche steckt deshalb in Schwierigkeiten und hat die Regierung im vergangenen Monat um einige Zugeständnisse im diesjährigen Haushalt gebeten. Mit diesen Zugeständnissen hofft der Branchenverband, die anhaltenden Turbulenzen überstehen zu können. Konkret hat der GJEPC die Regierung aufgefordert, den Verkauf von Rohdiamanten in Sonderzonen (Special Notified Zones, SNZs) zuzulassen und weltweit anerkannten Diamantenhandelshäusern wie Bonas und I Hennig die Erlaubnis zu erteilen, von den Sonderzonen aus zu operieren.

Im Gegensatz zu den Kollegen aus Belgien und Dubai können die indischen Bieter keine Rohdiamanten aus den Sonderzonen kaufen, da es keine Steuerbefreiung gibt. Als Konsequenz dieser Entwicklung haben die indischen Diamantenunternehmen die Einfuhr von Rohdiamanten sowohl wegen der schwachen Nachfrage nach geschliffenen Diamanten als auch wegen des Drucks auf ihre Gewinnspannen aufgrund der sinkenden Preise für geschliffene Diamanten eingeschränkt.

Für Indien ist die Edelstein- und Schmuckindustrie ein wichtiger Faktor, denn in ihr sind über 4,3 Millionen Menschen beschäftigt und mehr als zehn Prozent der indischen Warenexporte entfallen auf den Verkauf von geschliffenen und polierten Diamanten.