Noch wenige Tage, bevor die Europäische Zentralbank am Donnerstag ihren Leitzins zum ersten Mal seit Jahren wieder angehoben hat, verlangten nach Auskunft des Vergleichsportals Verivox insgesamt 424 Banken als „Verwahrentgelte“ deklarierte Strafzinsen von ihren Kunden. Diese dürften sich mit der Entscheidung vom Donnerstag nun erledigt haben.
Allerdings könnte die Schnelligkeit, mit der die EZB-Entscheidung an die eigenen Kunden weitergegeben wird, einiges darüber aussagen, wie finanzkräftig und auch wie serviceorientiert die einzelnen Geldinstitute derzeit aufgestellt sind. Schon im Vorfeld der Entscheidungen waren auch die Zinsen für Sparanlagen wieder gestiegen.
Für Festgelder mit einer Laufzeit von zwei Jahren bezahlten die Banken nach Auskunft von Verivox schon vor der EZB-Entscheidung vom Donnerstag bis zu 1,3 Prozent Zinsen. Ausländische Institute waren großzügiger und gewährten Zinssätze von bis zu 1,6 Prozent.
Die Kaufkraftvernichtung hält an
Über eines müssen sich die deutschen Sparer jedoch im Klaren sein: Die massive Kaufkraftvernichtung durch die hohe Inflation hält ungeachtet der kräftigen Zinserhöhung zunächst an. Sie wird erst dann verschwinden, wenn die Inflationsrate wieder sinkt oder der Zinssatz so stark angestiegen ist, dass wieder eine positive Realrendite erzielt wird.
Von einem solchen Zustand trennen die Eurozone bis auf weiteres jedoch noch Welten. Aus Sicht der Schuldner ist das aktuelle Zinsniveau deshalb trotz der jüngsten Anstiege immer noch vergleichsweise günstig. Doch auch hier ist in den kommenden Monaten mit einem weiteren Anstieg der Zinsen und damit der Kosten für einen Kredit zu rechnen.
Sollte es der Europäischen Zentralbank mit der Ankündigung ernst sein, ihre Zinssätze wieder zu normalisieren, dann müssen sich gerade die Schuldner auf schwierige, weil erheblich teurere Zeiten einrichten. Denn dann könnten die Zinsen für längerfristige Darlehen vom heutigen Niveau aus durchaus noch einmal um 50 Prozent ansteigen.