Droht eine neue Euro-Krise? Einige Ökonomen warnen nun vor hektischen Beschlüssen der Europäischen Zentralbank (EZB). Der Euro verliert derzeit gegenüber dem Dollar fast täglich an Wert.
Euro-Krise voraus? Ökonomen warnen
„Mehrere Spitzen-Ökonomen warnen vor einem erneuten Aufflammen der Eurokrise. „Putin würde sich über einen Zusammenbruch des Euro und politische Instabilität in der EU sicher freuen“, sagte der Wirtschaftsweise Achim Truger den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Dienstagausgaben).
Der Ökonom, der Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ist, hält die steigenden Risikozuschläge bei hoch verschuldeten Staaten für ein Problem. „Kommt es dort aufgrund von Spekulation oder Überreaktionen zu einem extremen Anstieg, könnten einzelne Länder in Zahlungsschwierigkeiten kommen. Dann würde in der Tat eine zweite Eurokrise drohen“, sagte Truger. Es sei richtig, dass die Europäische Zentralbank sich einem Auseinanderdriften der Zinssätze entgegenstelle.
„Die Verringerung der Staatsschulden braucht Wachstum und Zeit, hektische Kürzungspolitik wie in der Eurokrise würde alles nur verschlimmern. Oberlehrerhafte Ratschläge aus Deutschland sind – gerade wegen offensichtlicher eigener Fehler bei der Energiepolitik – verfehlt“, mahnte Truger. Der Präsident des Ifo-Instituts, Clemens Fuest, sprach sich gegen neue Hilfsinstrumente der Europäischen Zentralbank (EZB) aus, um eine Eurokrise zu verhindern. „Sie sollte sich auf Inflationsbekämpfung konzentrieren. Länder, die finanzielle Probleme haben, sollten sich an den Rettungsschirm ESM wenden, dafür haben wir ihn“, sagte Fuest den Funke-Zeitungen.
Der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW), Michael Hüther, hält die Entwicklung in Frankreich für ein Risiko. „Das größte Risiko für die Eurozone scheint mir die Reformunfähigkeit und die politische Destabilisierung in Frankreich zu sein. Die Forderungen aus Paris, die Fiskalkriterien aufzugeben (und nicht mehr nur aufzuweichen) lässt nichts Gutes erwarten“, sagte Hüther den Funke-Zeitungen.
Der IW-Chef betonte, dass durch den Wiederaufbauplan der Europäischen Union die Bedingungen in der Eurozone Mitte des Jahrzehnts deutlich stabiler sein sollten. „Auch die Bankbilanzen wurden entlastet, und die Staatsverschuldung in den Südländern in der Fristigkeit verlängert“, sagte Hüther. Andrew Watt, Referatsleiter für Europäische Wirtschaftspolitik im Institut für Makroökonomie (IMK) der arbeitnehmernahen Hans-Böckler-Stiftung, hält Italien für das größte Risiko einer neuen Eurokrise. „Die größte Gefahr geht eindeutig von Italien aus wegen der Kombination von niedrigem Wirtschaftswachstum, hohen Spreads und hoher Verschuldung, sowohl im Verhältnis zum nationalen BIP wie absolut im Vergleich der Mitgliedsländer“, sagte Watt den Funke-Zeitungen.
In der gegenwärtigen Situation sei ein Aufflammen der Eurokrise „nicht auszuschließen“, so Watt. Henning Vöpel, früherer Chef des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut und jetziger Vorstand der Denkfabrik Centrum für europäische Politik (cep) plädiert dafür, dass die EZB sich auf eine „kontrollierte Rezession“ einlassen müsse. Das Ziel einer global koordinierten Politik müsse eine solche Rezession sein, „in der sich die Weltwirtschaft an die Angebotsschocks anpassen kann und die Zentralbanken zugleich die Inflation bekämpfen können“, sagte Vöpel den Funke-Zeitungen.“
Bericht mit Material der dts Nachrihtenagentur
Foto: Euromünze, über dts Nachrichtenagentur