Klaus Holetschek, Gesundheitsminister von der CSU im Bundesland Bayern, möchte wie der Tübinger OB Boris Palmer (Grüne) höhere Krankenkassenbeiträge für Ungeimpfte bzw. einen Malus verlangen. Dies stößt einem Bericht nach inzwischen auf breiten Widerstand.
Politiker, Ärzte, Juristen und Klinikfunktionäre dagegen
„Der Vorschlag von Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU), höhere Krankenkassenbeiträge als Sanktion beim Verstoß gegen eine allgemeine Impfpflicht einzuführen, stößt auf scharfe Kritik von Juristen, Ärzte- und Klinikverbänden sowie mehreren Bundestagsfraktionen. Der ehemalige Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts, Ferdinand Kirchhof, hält den Vorstoß für nicht tragfähig.
Solch eine Regelung würde indirekt über die „Lebensführung des Versicherten“ bestimmen, sagte er der „Welt“ (Dienstagausgabe). „Hier liegt das grundrechtliche Problem: Es bringt einen indirekten Zwang zur Impfung, zum Nichtrauchen oder zum Nichtsport.“ Offen sei auch die Frage, was passiere, wenn ein Ungeimpfter den erhöhten Beitrag einfach nicht zahle und lebensgefährlich erkranke. „Dann kommt eine Leistungsverweigerung nicht mehr infrage“, sagte Kirchhof der Zeitung.
Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) teilte mit, die Beiträge orientierten sich an der „wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit“: „Wer an diesem Grundprinzip rüttelt, rüttelt an dem Solidarprinzip insgesamt.“ Der Vorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft Gerald Gaß erklärte, es sei „eine der Stärken unseres Systems, dass nicht nach vermeintlicher Schuld gefragt wird“. Er befürworte gute Aufklärung, Information und Bonussysteme, die gesundheitsbewusstes Verhalten positiv sanktionierten. Der Präsident der Bundesärztekammer Klaus Reinhardt äußert sich ähnlich: Höhere Kassenbeiträge für Ungeimpfte könnten zwar einige dazu bewegen, sich doch impfen zu lassen, „aber der Preis dafür wäre hoch. Die Einführung einer solchen Malus-Regelung würde das Prinzip der Solidargemeinschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung grundlegend verändern, mit möglicherweise weitreichenden Folgen für unser gesellschaftliches Miteinander“, so Reinhardt.
„Heute sprechen wir über höhere Kassenbeiträge für Ungeimpfte und morgen vielleicht schon über Strafzahlungen für anderes gesundheitlich unvernünftiges Verhalten, wozu schon die Ausübung von Risikosportarten zählen kann.“ Sinnvoller seien Bußgelder. Auch im Bundestag kann man sich nicht für den Vorschlag aus Bayern erwärmen.
„Diese ganzen kleingeistigen Rachefantasien tragen eher dazu bei, die Akzeptanz für eine allgemeine Impfpflicht zu untergraben“, sagt Linke-Gesundheitspolitikerin Kathrin Vogler – auch wenn sie diese für sinnvoll und notwendig halte. SPD-Fraktionsvize Dagmar Schmidt fordert, einzelne Gruppen nicht gegeneinander ausspielen. „Noch ist nicht entschieden, ob und in welcher Form es zu einer Impfpflicht kommt. Wir sollten einen Schritt nach dem anderen machen und nicht jetzt schon Phantomdebatten über mögliche Sanktionierungen führen.“
Bericht mit Material der dts Nachrichtenagentur