Überraschende Entwicklung innerhalb der Besetzungsliste der Grünen: Der frühere Vorsitzende Cem Özdemir, davor Europaabgeordneter, dann zweifach im Bundestag in der Wahl zum Fraktionsvorsitz Gescheiterter, darf einen Ministerposten in der Regierung von Olaf Scholz belegen. Er wird Landwirtschafts- und Ernährungsminister. Damit löst er das Ticket, das Anton Hofreiter zuletzt wohl eher bekommen sollte. Der sogenannte Realo Özdemir allerdings wurde vom Bundesvorstand dann dem sogenannten Linken Hofreiter vorgezogen.
Am Ende vorbeigezogen: Cem Özdemir
Ein Agenturbericht beschreibt den langen Kampf am Donnerstag um den Ministerposten: „Die Grünen haben sich nach einem stundenlangen Machtkampf zwischen dem Realo- und dem Linken-Flügel am späten Donnerstagabend darauf geeinigt, wer Ministerposten in der Ampel-Regierung übernehmen darf. Das berichtet das Magazin „Business Insider“ unter Berufung auf übereinstimmende Informationen aus beiden Lagern.
Demnach soll Cem Özdemir neuer Landwirtschaftsminister werden. Ihn hatte der Linken-Flügel zuvor abgelehnt und Toni Hofreiter favorisiert. Parteichef Robert Habeck wird Klima- und Wirtschaftsminister, die Co-Vorsitzende und Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock Außenministerin. Das Umweltministerium soll Steffi Lemke übernehmen. Das Familienministerium soll anstatt Fraktionschefin Katrin Göring-Eckhardt nun Anne Spiegel, Ex-Familienministerin aus Rheinland-Pfalz, übernehmen. Dafür könnte die bisherige Fraktionsvorsitzende nun das Amt der Bundestagsvizepräsidentin bekommen. Claudia Roth wird laut des Berichts Kulturstaatsministerin im Kanzleramt.
Für Toni Hofreiter, der zum linken Parteiflügel gehört und ebenfalls Vorsitzender der Grünen-Bundestagsfraktion ist, wird demnach kein Ministerposten übrigbleiben. Das hatte zuvor für viel Ärger geführt, die in der Folge Özdemir verhindern wollten. Nach stundenlangen Beratungen im sogenannten Parteirat kam es aber nun offenbar zur Einigung, schreibt „Business Insider“. Zuletzt hatte sich noch der hessische Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir für Özdemir stark gemacht. „Cem Özdemir hat bewiesen, dass er Menschen weit über unsere Stammwählerschaft hinaus gewinnen kann“, sagte er am Donnerstag dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Freitagausgaben).
„Wir sind als Grüne in den letzten Jahren stark geworden, weil wir uns von der Flügellogik gelöst und uns mit der Sache und nicht mit uns selbst beschäftigt haben. Zu diesem Erfolgsrezept sollten wir zurückkehren. Im Übrigen will ich mir eine Fortschrittsregierung im Einwanderungsland Deutschland im Jahr 2021 nicht vorstellen, in der nur Olafs, Annalenas und Christians vertreten sind.“
Bericht mit Material der dts Nachrichtenagentur
Foto: Cem Özdemir, über dts Nachrichtenagentur