Hin und wieder einmal die Grenzen des eigenen Wohnortes verlassen und in eine andere Stadt oder Region zu fahren, kann angenehm und inspirierend sein. Wer allerdings jeden Tag als Pendler weite Strecken zurücklegt, empfindet die tägliche Fahrerei zumeist als eine Last. Mit der Zeit kann sie so schwer werden, dass die Betroffenen an ihr erkranken.
Viele Faktoren haben in den vergangenen Jahrzehnten dazu beigetragen, dass mehr gependelt wird. Unsere Lebensformen haben sich geändert, die Arbeitswelt auch und zwischen dem eigenen Zuhause und dem Arbeitsplatz in der Firma sorgt ein dichteres Netz aus Autobahnen, ICE-Strecken und S-Bahnen dafür, dass wir schneller vom einen Punkt zum anderen kommen.
Schneller heißt dabei nicht unbedingt gesünder und erst recht nicht glücklicher, denn das häufige Pendeln belastet. Nicht nur den Körper, auch die Seele. Studien belegen dies zur Genüge. In den USA hat das Forschungsinstitut Gallup vor einigen Jahren mehr als 170.000 Amerikaner befragt. Dabei kam heraus, dass von den Pendlern, die pro Tag über 90 Minuten unterwegs waren, jeder Dritte mit Nacken- oder Rückenproblemen zu kämpfen hatte.
Deutschland ist eine Republik der Pendler geworden
In Deutschland verlassen an jedem Arbeitstag 18,4 Millionen Arbeitnehmer ihren Wohnort, um zur Arbeit zu fahren. Das sind 59 Prozent aller Berufstätigen. Im internationalen Vergleich belegt die Bundesrepublik damit einen der Spitzenplätze. Noch mehr gependelt wird nur in Belgien, den Niederlanden, Schweden, Dänemark und Großbritannien.
In besonders belastenden Situationen kann ein Pendler ein höheres Stressniveau erreichen als der Pilot eines Kampfflugzeugs. Das hat der britische Stressforscher David Lewis herausgefunden. Er beobachtete für eine Studie fünf Jahre lang den Blutdruck und die Herzfrequenz von 125 Pendlern. Die Anspannung stieg bisweilen so stark an, dass es zur sogenannten Pendler-Amnesie kam und Teile des Wegs zur Arbeit vergessen wurden.
Auch der renommierte Schweizer Ökonom Bruno Frey hat für die Pendler keine guten Nachrichten. Er hat ermittelt, dass ein pendelnder Arbeitnehmer theoretisch 40 Prozent mehr verdienen muss, um genauso glücklich zu sein wie ein Nachbar, dessen Arbeit gleich um die Ecke liegt.