Haushalte, die ihre Strom- oder Gasrechnungen nicht mehr bezahlen, erhalten in Deutschland zu nächst eine Mahnung. Bleibt diese ohne Erfolg, wird den Kunden eine Sperrung angedroht. Im vergangenen Jahr erhielten deutschlandweit rund 4,2 Millionen Haushalte ein derartiges Schreiben von ihren Stromversorgern.
Immerhin 700.000 Mal machten die Versorger anschließend ernst, sodass beim zuständigen Netzbetreiber eine Beauftragung durchgeführt wurde. Aus ihnen entstanden rund 230.000 Stromsperren.
Der Gashahn wurde im Jahr 2020 insgesamt 24.000 Haushalten zugedreht, weil die vorangegangenen Rechnungen nicht bezahlt worden waren. Wobei viele Versorger von Gassperren abgesehen haben, weil die Bevölkerung bedingt durch die Pandemie einen größeren Teil ihrer Zeit zuhause verbringen mussten.
Energiearmut ist daher auch in Deutschland ein Thema, auch wenn diese Gefahr noch nicht die gleiche Bedeutung hat, die ihr in den Ländern im südlichen Teil der EU, etwa in Spanien, Italien und in Portugal derzeit schon zukommt.
Die kommenden Monate könnten die Lage weiter verschärfen
„Die sozialen und wirtschaftlichen Folgen von Energiesperren können für die Betroffenen verheerend sein. Aus diesem Grund müssen Energieschulden vermieden und Energiesperren verhindert werden“, schreiben Verbraucherschützer und Mieterbund in einem Positionspapier und fordern eine Anhebung des Wohngeldes, damit vor allem Gassperren verhindert werden können.
Eine weitere Verschärfung der Situation ist durchaus möglich, denn die Strom- und Gasversorger vereinbaren mit ihren Kunden in der Regel langfristige Lieferverträge. In Zeiten steigender Energiepreise schützt das zunächst die Kunden. Doch dieser Schutz währt nicht ewig. Früher oder später läuft die Preisbindung aus und spätestens dann dürfte den Kunden eine saftige Preiserhöhung ins Haus stehen.
Druck entwickelt sich derzeit auch von anderer Seite. Selbst gutverdienende Arbeiter werden von ihren Firmen aktuell in die Kurzarbeit geschickt und erleiden dadurch Einkommensverluste, obwohl die Auftragsbücher der Unternehmen voll sind. Diese Aufträge können aber bedingt durch den Chipmangel und andere Lieferengpässe momentan nicht abgearbeitet werden.
Gerade auf Bauherrn, die sich beim Hausbau oder Wohnungskauf fast bis an die Grenze belastet haben, könnten an dieser Stelle größere Probleme zukommen, wenn die Inflation weiterhin hoch bleibt, die Zinsen zu steigen beginnen und das eigene Einkommen durch Kurzarbeit oder gar Arbeitslosigkeit deutlich geschmälert wird.