Deutschlands Werften können im internationalen Wettbewerb derzeit nur überleben, wenn sie Schiffe bauen, die kein anderer bauen kann, erklärt Daniel Friedrich, Bezirksleiter der IG Metall Küste. Bei normalen Schiffen haben die deutschen Werften wenig Chancen, um gegenüber der asiatischen Konkurrenz aber auch gegenüber den Werften aus Frankreich, Großbritannien oder den Niederlanden bestehen zu können.
Bislang gelang das, weil sich jedes der fünf maßgeblichen Unternehmen auf einen speziellen Sektor konzentriert hat. Die Meyer Gruppe fertigt Kreuzfahrtschiffe, die FSG Gruppe, Fähren und Luxusschiffe, ThyssenKrupp Marine Systems ist im Marineschiffbau aktiv, die MV Werften bauen Spezialschiffe und Kreuzfahrtschiffe und die Lürssen Gruppe verdient ihr Geld mit dem Bau von Marineschiffen und Luxusyachten.
Rosig ist die Lage derzeit in keinem der Bereiche. Insbesondere der Bau von Fähr- und Kreuzfahrtschiffen dürfte in den kommenden Jahren zum Erliegen kommen, denn die Branche leidet als Folge der Corona-Pandemie derzeit unter Überkapazitäten. Zudem haben sich die Reedereien in den vergangenen zwei Jahren stark verschuldet. So konnten sie zwar die Pandemie zunächst überleben, der Spielraum für den Bau neuer Schiffe wird durch die zusätzlichen Schulden jedoch eher kleiner als größer.
Überalterung und massiver Personalabbau
In den letzten zwanzig Jahren hat sich der Bestand der Beschäftigten von 20.668 im Jahr 2000 auf 15.171 im Jahr 2014 reduziert. Die Jahre danach brachten bis 2019 einen Wiederanstieg auf 18.274 Beschäftigte. Bedingt durch die Pandemie sind jedoch wieder Jobs wegfallen, sodass derzeit nur noch 16.653 Arbeitnehmer auf den Werften zu zählen sind.
Die Betonung liegt dabei auf noch, denn aktuell sind 47 Prozent der 16.653 Beschäftigten in Kurzarbeit. Noch in der Zahl der Beschäftigten enthalten sind die Mitarbeiter der ältesten deutschen Werft Pella Sietas. Sie musste Ende Juli Konkurs anmelden und hat fast all ihren 200 Angestellten gekündigt. Auch bei Blohm+Voss ist ein Stellenabbau geplant.
Die deutschen Werftarbeiter haben derzeit ein Durchschnittsalter von hohen 45 Jahren, denn in der Branche wird immer weniger ausgebildet. Die Zahl der Ausbildungsplätze ging um 40 Prozent zurück. Auch in der Zahl der Übernahmen spiegelt sich diese traurige Entwicklung wider. Wurden vor zwei Jahren noch 100 Prozent der Auszubildenden nach der Lehre übernommen, liegt dieser Anteil aktuell nur noch bei 58 Prozent.