Gute Jahre sind angenehme Jahre. Sie sind aber auch ein gefährlicher Zeitraum, denn sie lassen leicht das Gefühl aufkommen, dass der aktuell gute und behagliche Zustand die neue Normalität sei. Krisen hingegen lassen zunächst Ängste und Sorgen aufkommen. Sie schärfen aber auch das Bewusstsein für die gegebene Realität und lassen uns nach Lösungen und Alternativen suchen.
Wirtschaftlich war die hinter uns liegende Dekade gut. Die Finanzkrise konnte schnell abgehakt werden, ohne dass es den befürchteten Zusammenbruch gab. Ebenso waren wenig später weder die europäische Schuldenkrise noch die Flüchtlingskrise Gründe, sich über Gebühr lange zu sorgen.
Der auffälligste Niederschlag dieser Entwicklung waren in all den Jahren die stark steigenden Börsenkurse. Schnell wurden die Sorgen von den Investoren abgeschüttelt und DAX, Dow Jones und Co. stiegen wie von Geisterhand getrieben auf immer neue Hochs an.
Die vermeintliche Geisterhand gab es dabei wirklich. Es war die lockere Geldpolitik der Notenbanken. Angeführt von der US-Notenbank trieben die Europäische Zentralbank, die Bank of England, die Bank of Japan, aber auch die chinesische Notenbank die weltweiten Geldmengen in zuvor nicht gekannte Höhen.
Es gibt kein Entkommen mehr
Den bislang letzten Exzess dieser Entwicklung sahen wir im vergangenen Jahr, als die Geldmengen vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie nochmals in einem extremen und zuvor nicht gekannten Ausmaß aufgebläht wurden. Das führte dazu, das der Einbruch an den Börsen, zu dem es im März 2020 gekommen war, zum kürzesten Bärenmarkt aller Zeiten mutierte und dies, obwohl die Weltwirtschaft durch die verschiedenen Lockdowns radikal abgewürgt wurde.
In der Zwischenzeit ist das viele Geld der Notenbanken nicht nur an der Börse und am Immobilienmarkt, sondern auch in der Realwirtschaft als Inflation angekommen. Erfahren kann sie an der Supermarktkasse oder an der Tankstelle jeder und nicht nur die Aktien- oder Immobilienbesitzer wie in den Jahren zuvor.
Erfahren heißt an dieser Stelle aber auch, dass niemand dieser Gefahr wirklich ausweichen kann. Vor Corona kann man sich möglicherweise schützen, indem man zu Hause bleibt und seine sozialen Kontakte reduziert. Aber die Inflation wird uns treffen, nicht nur ein wenig, sondern in allen Bereichen und mit all ihrer Schärfe.
Der Zahltag rückt näher. Wer bezahlt die Rechnung?
Noch sind die meisten Zeitgenossen nicht so richtig aufgewacht. Sie bemerken zwar, dass sich etwas geändert hat, lassen sich aber von den wiederholten Versicherungen der Notenbanken, dass die steigende Inflation nur ein vorübergehendes Phänomen sei, beruhigen. Politik und Medien greifen diese Beruhigungspille nur zu gerne auf, können sie doch so den schönen Schein noch etwas länger aufrechterhalten.
Aber ein schöner Schein ist und bleibt am Ende nur ein schöner Schein. Mit der wahren Realität hat er unter Umständen herzlich wenig zu tun. Wer diese Wahrheit schneller akzeptiert und handelt, könnte den anderen gegenüber am Ende deutlich im Vorteil sein.