Als die Deutsche Bahn AG in den 1990er Jahren sich daran machte, effizienter zu werden, wurden viele Bahnstrecken stillgelegt. Manche Strecken wurden nur nicht mehr befahren, andere gänzlich abgebaut und zu Radwegen umfunktioniert. Sie fehlen heute, denn wie eine Studie der Dresdener Niederlassung des Ifo-Instituts in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Zentrum für Schienenverkehrsforschung beim Eisenbahn-Bundesamt zeigt, könnte mit ihnen gerade der ländliche Raum besser erschlossen werden.
Wie stark der Aderlass bei den Bahnstrecken war, zeigt ein Blick auf die Zahlen. Bis zum Jahr 1955 wurde das Schienennetz in Deutschland kontinuierlich vergrößert. Seit 1955 schrumpfte es um fast 15.000 Kilometer. Das entspricht einem Rückbau um 30 Prozent und dem Dreifachen der gesamten Länge des Schienennetzes in Nordrhein-Westfalen. Der Abbau traf den Osten wie den Westen des Landes gleichermaßen.
Das Verhältnis der Streckenstilllegungen ist exakt gleich, stellten die Forscher fest. Unterschiedlich waren allein die Zeiträume, in denen die Maßnahmen ergriffen wurden. Während im Westen viele Bahnstrecken während des Wirtschaftswunders und der Autoboomjahre stillgelegt wurden, fiel im Osten ein großer Teil des Netzes in der ökonomisch schwierigen Phase nach der Wiedervereinigung dem Rotstift zum Opfer.
Potential für Streckenreaktivierungen ist vorhanden
Trotz des massiven Verlusts an Eisenbahnstrecken ist das Potential für eine Wiederbelebung mancher Strecken durchaus vorhanden. Dabei bieten sich vor allem jene Verbindungen an, die noch keiner anderen Nutzung, etwa als Radweg, zugeführt wurden.
Im Personenverkehr wurden in den Jahren zwischen 1994 und 2020 bereits über 900 Streckenkilometer reaktiviert. Viel dieser Strecken liegen in den Grenzregionen oder im Bereich der ehemaligen innerdeutschen Grenze, wie die 1999 wieder in Betrieb genommene Verbindung zwischen Wieren in Niedersachsen und Salzwedel in Sachsen-Anhalt.
Eine stillgelegte Strecke zu reaktivieren, ist mit hohen Kosten verbunden. Diese liegen in den meisten Fällen allerdings niedriger als bei einem kompletten Streckenneubau. Besonders geeignet für eine Reaktivierung sind jene Verbindungen, die erst vor wenigen Jahren stillgelegt worden sind.