Wenn es nach Bundesgesundheitsminister Jens Spahn geht, werden in der Corona-Krise Geimpfte Sonderrechte erhalten bzw. die vorher verweigerte Grundrechte zurückerhalten. Noch im Winter vergangenen Jahres zeigte Spahn an, dass er keine Sonderrechte wolle oder diese nicht für sinnvoll halte. Die Meinung scheint sich geändert zu haben. Unterstützung gibt es nach einem Bericht der „Welt“ aus dem „Ethikrat“. Dort habe ein Mitglied den Schritt als „überfällig“ bezeichnet.
Keine Missgunst
Auch in der Union gab es lobende Stimme. Thorsten Frei, Vizechef der Fraktion von CDU und CSU, meinte: „Grundsätzlich ist nicht die Ausübung von Grundrechten, sondern ihre Einschränkung begründungsbedürftig“ – eine Kritik, die zuvor allerdings oftmals Maßnahmengegner erwähnte.
Wenn es „wissenschaftlch ohne jeden Zweifel“ erwiesen wäre, dass geimpfte Patienten nicht mehr zum Übertrager des Virus weren könnten, „gebe es weder Möglichkeit, noch Grund, sie in „elementaren Rechten“ einzuschränken, wird er zitiert.
Die Hürde dürfte vergleichsweise zu hoch sein. Es kann auf keinen Fall einen wissenschaftlichen zweifelsfreien Beweis für die Nicht-Übertragbarkeit geben. Die Wissenschaft kann nach Meinung etwa des berühmten Wissenschaftstheoretikers Karl Popper mit ihren Hypothesen stets nur bis zum Beweis der Nichtgültigkeit arbeiten.
Hierauf gewendet: Es gibt keinen lückenlosen Beweis, sondern nur Widerlegungen. Wann aber wäre hier das Maß der Erträgtlichkeit erreicht? Bei einem Fall, 10 Fällen, 5 % oder 10 %? Die Kriterien bleiben hier in der Forderung offen. Aus gutem Grund sicherlich – und dies ohne Verschwöhrung: Es wird nicht zum Beweis kommen. Also wird – wenn es denn so kommen sollte – pauschal freigegeben.
Juristisch betrachtet allerdings dürfte der Fall interessant werden. Wenn Impfgegner klagten, weil ihnen Grundrechte genommen worden sind, ohne dass bei Impfungen die Nichtübertragbarkeit nachgewiesen würde, wird es heikel für Spahn und Co.
Ein Rechtsprofessor, hier Steffen Augsberg vom Ehtikrat, schränkt allerdings auch ein: „Interessanterweise hat er dabei eine Parallele zu negativ getesteten Personen gezogen. In der Tat müssen Immunität durch Impfung beziehungsweise nach Genesung und Tests immer zusammen gedacht werden, schon, weil es ja viele Personen gibt, die aus diversen Gründen nicht oder noch nicht geimpft werden können.“